
So gelingt Employer Branding: Bud & Terence im Interview
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25. Juni 2022
Außen hui, innen pfui? Damit wird man beim Thema Employer Branding nicht weit kommen. Denn eine nachhaltige Arbeitgebermarke muss zeigen, was Talente im Alltag des Unternehmens wirklich erwartet. Wie man dabei richtig ansetzt, haben uns Gerd Liegerer und Manuela Wenger, Employer Branding Experten von Bud & Terence, exklusiv im Interview verraten.
Wie sich Employer Branding entwickelt hat
TeamEcho: Was ist für euch Employer Branding?
Manuela Wenger: Es ist die Strahlkraft einer Arbeitgebermarke. Es entscheidet, ob sich ein/e BewerberIn gerne für das Unternehmen bewirbt oder nicht. Es geht hier nicht nur um die äußere Strahlkraft, sondern auch der Kern des Unternehmens muss passen. Wenn diese Strahlkraft gesammelt von innen und außen passt, dann bin ich ein Anziehungspunkt für BewerberInnen.
TeamEcho: Den Begriff Employer Branding gibt es schon länger – bereits Ende der 1990er Jahre kam er in Fachjournalen in Verwendung. Was hat sich eurer Meinung nach bei dem Thema verändert?
Gerd Liegerer: Wenn wir ein paar Jahre zurückschauen, dann sprechen wir von mehreren Wellen der Entwicklung. Die erste Welle vor 5 bis 10 Jahren hat den Fokus sehr stark auf das Branding in der Außenkommunikation gelegt. Firmen haben eine Facebook-Seite erstellt, Hochglanzfolder oder Stelleninserate schön aufbereitet. Vor 2 bis 4 Jahren kam dann die Ernüchterung, dass sich bei BewerberInnen hinsichtlich Qualifikation und Menge nicht wirklich etwas verändert hat. Es sind auch die Krankenstände nicht massiv nach unten gegangen – der Wohlfühlfaktor hat sich bei den MitarbeiterInnen nicht so stark eingestellt, wie es sich die Firmen erhofft haben. Das ist der Grund, warum es jetzt zur zweiten Welle kommt, nämlich von innen nach außen. Das heißt, man beschäftigt sich viel stärker mit Kultur, mit Image. Wer bin ich als Arbeitgeber überhaupt? Welche Zielgruppen beschäftige ich, welche Zielgruppen möchte ich anziehen? Wie nehmen die Menschen in meiner Organisation mich als Arbeitgeber wahr? Aus dieser Wahrnehmung heraus versuche ich Maßnahmen ins Außen zu bringen. Also alle Kampagnen rund um diesen Markenkern aufzubauen und wirklich eine authentische Marketingaufbereitung, eine von der Mannschaft mitgetragene Arbeitgebermarke nach außen zu transportieren. Und wenn sich das deckt, dann kann ich diese Strahlkraft, diesen Magnetismus nutzen, weil die Außen- und Innenwelt vom Gleichen spricht.
Manuela Wenger: Wenn sich das nicht deckt, der Bewerber heuert an und es wird ihm außen nur die Fassade gezeigt, geht er nach 10 Tagen wieder. Er verlässt das Unternehmen, weil das eigentlich nur nach außen hui und innen pfui war. Wenn das nicht stimmig ist, werde ich die Bewerber nicht lange halten können – das kann nicht Sinn und Zweck von einem Recruitingprozess sein: Leute anheuern, einen Monat einschulen und dann sind sie wieder weg, weil sie draufkommen, was in diesem Glanzprospekt war, das stimmt ja eigentlich gar nicht.
Wer für Employer Branding zuständig ist
TeamEcho: Wo würdet ihr den Lead sehen: Ich trage Employer Branding in ein Unternehmen, ist das mehr Marketing, ist das mehr HR oder eine Steering Group?
Gerd Liegerer: Die erfolgreichsten Unternehmen verankern es in beiden Abteilungen gut. Es braucht Marketing und Unternehmenskommunikation, aber wir reden nicht vom Konsumentenmarkt sondern vom Arbeitsmarkt. Unserer Meinung nach sollte HR das Zepter in der Hand haben. Employer Branding beginnt irgendwann unbewusst, endet aber nie. Weil sich Organisationen genauso wie Organismen weiterentwickeln – es kommen neue Personen dazu, es gehen bestehende MitarbeiterInnen weg – ist es ein ständiger Wandel. Der Arbeitsmarkt verändert sich nicht monatlich und jährlich, aber doch über einen gewissen Zeitraum hinweg, die Demographie, die Gesellschaft. Das heißt, hier ist ein Unternehmen gefordert, Employer Branding ständig weiterzuentwickeln. Es braucht unbedingt die interne Vernetzung und die Bereitschaft, zusammenzuarbeiten – zwischen Personalabteilung und Marketing.
Manuela Wenger: Und ein ganz wesentlicher Punkt: Es muss das Commitment von der obersten Führungsriege da sein. Sie muss hinter dem Prozess stehen. Wenn es nicht vorgelebt wird, kann man unten noch so viel rudern, es wird nicht funktionieren.
TeamEcho: Was sind eure Erfahrungen hier? Ist die Geschäftsführung in der Regel commited?
Manuela Wenger: Wenn sich ein Unternehmen entschließt, eine Employer-Branding-Strategie anzugehen, dann ist in den meisten Fällen die Geschäftsführung dahinter. Dieses Commitment holt sich die Abteilungsleitung, weil sie schon wissen – es muss gemeinsam funktionieren. Ansonsten wird es nie Hand und Fuß haben.
Gerd Liegerer: Unserer Erfahrung nach ist das Commitment für das Erarbeiten einer Strategie schnell einmal da, aber wirklich darüber nachzudenken, was das Ergebnis dieses Ablaufs bedeuten kann, ist oft auf der HR-Ebene hängengeblieben. Bei HR ist das Verständnis sehr groß und breit. Wenn wir in unserer Arbeit hinter die Kulissen schauen, kann das eine oder andere Ergebnis schon einmal wenig erfreulich sein: Wenn man als langjähriger Geschäftsführer oder Eigentümer ein anderes Bild vom Unternehmen hat, das man gegründet und geführt hat, als die eigentlichen MitarbeiterInnen – das Herzstück jedes Unternehmens. Hier gilt es, mit HR das Commitment zu schaffen, dass mit den Ergebnissen auch wirklich gearbeitet wird und ein Entwicklungsschritt stattfinden kann.
Manuela Wenger: Es hat einen Grund gegeben, warum MitarbeiterInnen damals angeheuert haben und auch noch geblieben sind. Und diese Werte sind wichtig, die muss man herausarbeiten. Das sind die Werte, die nach außen transportiert werden.
Gerd Liegerer: Natürlich ist es der Weg des geringeren Widerstands, wenn ich auf der Plattform XY ein Jahrespaket für Stelleninserate oder Postings beauftrage. Mich mit der eigenen Mannschaft, der eigenen Wahrnehmung und den Menschen in meinem direkten Umfeld auseinanderzusetzen, bedarf eines größeren Aufwandes und mag nicht immer gleich zu dem Ergebnis führen, das ich gerne hätte.
Manuela Wenger: Ein Mitarbeiter, der glücklich ist am Arbeitsplatz, erzählt das seinen Freunden. Beim Sport, am Stammtisch …Und so funktioniert es, dass innerhalb meiner MitarbeiterInnen die größte Stellenbörse vorhanden ist. Die Plattformen, in denen man Inserate buchen kann, das ist gut und schön, aber ich habe ein Riesenpotenzial bei meinen eigenen Mitarbeitern. Darum muss ich schauen, dass sie sich mit ihrer Arbeit identifizieren, happy sind – und das strahlen sie nach außen.
Employer Branding und Feedback
TeamEcho: TeamEcho ist ja ein Tool, das über regelmäßiges Feedback in ein Unternehmen geht und auch Sichtbarkeiten und Transparenzen zu Dingen schafft, die im Untergrund schlummern. Es war da, aber nicht so offensichtlich. Merkt ihr auch einen Wandel, dass das reif sein dafür schneller gegeben ist?
Manuela Wenger: Wertschätzung ist zwar so ein abgedroschener Begriff, aber wichtiger denn je. Denn es ist der entscheidende Faktor, ob Mitarbeiter bleiben. Und was ist Wertschätzung? Wertschätzung ist es, jemanden zu sehen. Nicht nur physisch, sondern dich als Person zu sehen – mit deinen Ideen, mit dem, was du einbringen möchtest, mit deinem Können, das du über den Tellerrand deiner Stellenbeschreibung hinaus auch noch hast.
Gerd Liegerer: Feedbackkultur zieht immer stärker durch den Generationenwechsel in die Unternehmen ein. Wir bemerken stark, dass das in der Generation X ein bisschen ausgeprägt ist, und bei Y und Z noch einmal viel stärker – die wachsen mit Feedback auf und fordern auch Feedback ein. Die Generation der Babyboomer und oberen Generation X haben es gut gemeint, aber waren auch von sich selbst sehr überzeugt. Da durfte dann niemand sagen, das könnte man vielleicht anders machen oder das wäre so schneller gegangen oder das war vielleicht falsch. Da war man sehr vorsichtig. Da merken wir ein Aufbrechen in den Unternehmen, wenn eine Generationendurchmischung entsteht. Diese Tools sind sehr, sehr wertvoll, können sehr viel Input liefern – der nächste Schritt ist aber fast noch wichtiger: Was passiert mit dem Feedback und wie spiele ich es in die Mannschaft zurück?
Was wir merken: Unterschätzt wir oft die Meinung der MitarbeiterInnen dazu. Denn es macht keinen Sinn zu behaupten, bei uns herrscht eine wertschätzende Unternehmenskultur, wenn zwei Drittel oder mehr von der Belegschaft sagen: “Lustig, das steht schon wieder im Stelleninserat, das gibt’s bei uns ja gar nicht!” Hier passiert dann viel mehr Schaden, als wenn noch nicht gelebte Werte ausgelassen werden. Dann kann ich nicht auf diese Schlagwörter setzen, solange sie nicht stimmen.
Manuela Wenger: Wie man aus dem Marketing weiß: Negatives wird 9 Mal mehr weitererzählt. Wenn ich ein negatives Erlebnis am Arbeitsplatz hatte, werde ich wahrscheinlich 9 Menschen davon informieren. Das Positive erzähle ich 3 Leuten.
TeamEcho: Wie geht man mit Führungskräften um?
Gerd Liegerer: Man kann sich fragen: Kann ich die Führungskräfte über Zahlen abholen? Wenn es eine Abteilung ist, wo der Recruitingerfolg oder auch das Verweilen von MitarbeiterInnen über eine längere Zeitdauer sehr gering ist, kann man hier ansetzen: Wie soll die Leistung in den nächsten Jahren aufrechterhalten werden? Wo geht die Entwicklungsreise hin?
Führungskräfte ausbilden, coachen und weiterentwickeln – das nehmen jüngere Führungskräfte sehr gerne an. In Unternehmen, wo die Führungskräfte-Kultur im oberen Alterssegment angesiedelt ist, ist das ein schwieriges Thema.
Nach solchen Projekten werden in der Regel die Führungskräfte extra ins Boot geholt und nochmals separat auf Generationenwechsel, Zielgruppenveränderungen am Arbeitsmarkt und Informationsgebaren geschult.
Generationen miteinander verbinden – hier begrüßen wir die Durchmischung.
TeamEcho: Wie wichtig seht ihr regelmäßiges Feedback wie mit TeamEcho?
Gerd Liegerer: Feedback-Mechanismen sind sehr gut, wobei sie mit großem Bedacht eingeführt gehören. Ich finde immer, MitarbeiterInnen müssen zu jedem Zeitpunkt wissen, was mit ihrem Feedback passiert, und eine Auswertung muss wieder zurückgespielt werden. Und dann müssen Maßnahmen abgeleitet werden und auch wirklich in die Umsetzung kommen! Ansonsten besteht die Gefahr, dass man feedbackmüde wird.
Die Kombination aus persönlichem Feedback und anonymen Feedback-Tools ist ideal, wenn dann wirklich etwas passiert damit.
Der beste Zeitpunkt für Employer Branding
TeamEcho: In welcher Phase eines Unternehmens ist Employer Branding besonders wichtig?
Gerd Liegerer: In jeder, weil der Ist-Status ja jetzt betrachtet gehört. Unternehmen befinden sich in unterschiedlichen Phasen. Wenn ein Unternehmen sehr jung ist, ist die Möglichkeit der aktiven Mitgestaltung sehr groß. Wenn ein Unternehmen seit 10, 20 oder 30 Jahren am Markt ist, gibt es am Arbeitsmarkt – ob bewusst gesteuert oder nicht – ein Bild über dieses Unternehmen. Wie wird dort mit mir umgegangen? Was läuft gut, was läuft schlecht? Das mag vielleicht gar nicht so sein, aber dann muss ich beginnen, dieses Bild zu wandeln. Das braucht einen aufwendigeren und stärkeren Ansatz, als wenn ich in der Startphase schon nach und nach den Gedanken nach außen trage.
Manuela Wenger: Employer Branding hat nicht einen Start- und Endzeitpunkt, sondern es begleitet einen die ganze Zeit.
Employer Branding im Familienunternehmen
TeamEcho: Exkurs Familienunternehmen: Brauchen diese ihre Arbeitgebermarke auf besondere Weise?
Gerd Liegerer: Es ist ein bisschen ein anderer Zugang. Familienwerte sind Werte, die in der Generation Y und Z wieder stark in den Vordergrund rutschen, wenn auch anders verstanden als durch die Generationen davor. Familie bedeutet in den jungen Generationen Sicherheit, aber trotzdem Sicherheit im Sinne der Individualität. Das heißt, ich kann so sein, wie ich will (ein bisschen ohne Rücksicht auf Verluste), denn das familiäre Netz fängt mich auf. Familienunternehmen sehen sich als Familienkern. Ehrlicherweise muss man aber sagen, dass MitarbeiterInnen keine zweite Familie suchen, sondern ein Netz und Umfeld, wo sie sich wohl und sicher fühlen können. Weiters ist die Frage, inwieweit das Familienunternehmen auf Tradition und Historie pocht. Wer ist dort noch am Schalten und Walten? Inwieweit schafft man die Transformation und den Mut, ein bisschen anders, ein bisschen frecher aufzutreten, als man es vor 20, 30 Jahren noch gemacht hat?
Manuela Wenger: Ein Familienunternehmen soll sich nicht verbiegen – das ist auch der gewisse Sicherheitsfaktor. Die BewerberInnen, die sich davon angesprochen fühlen, werden sich dort bewerben.
Gerd Liegerer: Man muss auch in der Zielgruppenansprache hier ganz klar unterscheiden: Ein traditionell geführtes Familienunternehmen kann ein sehr guter Arbeitgeber sein, wird aber genau die Personen, die zu dieser Kultur passen, nicht auf TikTok finden.
TeamEcho: Was ist der wichtigste Punkt, der bei Einführung von Feedback-Methoden beachtet werden soll?
Manuela Wenger: Das Wichtigste ist das Commitment von oben. Dass das auch wirklich vorgelebt wird und Werte wirklich gelebt werden.
Gerd Liegerer: Es passiert in fast allen Unternehmen mittlerweile Employer Branding. Wenn man beginnt, eine Employer-Branding-Strategie zu erarbeiten, kann der Umsetzungspart keinen Stillstand erleiden. Man muss also gut parallel arbeiten, trotzdem müssen die Inhalte die auf die Authentizität der Arbeitgebermarke reflektieren, nach und nach in die Außenkommunikation transportiert werden. Das macht erfolgreiche Unternehmen im Employer Branding aus: Sie arbeiten ständig daran. Sind wir hier noch vorne dabei? Nehmen unsere MitarbeiterInnen das noch wahr? Erleben sie das tagtäglich durch unsere Führungskräfte? Das führt langfristig zum Erfolg.
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